Wie wird ein Gebäude klimaneutral?
Um klimaneutrale Gebäude zu realisieren, sind verschiedene Kernbausteine notwendig, die jedoch alle ineinander greifen und darauf abzielen, den Energiebedarf von Bauten zu reduzieren sowie die benötigte Energie mithilfe emissionsarmer oder gänzlich emissionsfreier Technologie bereitzustellen. Ferner spielen auch der Einsatz umweltverträglicher Baustoffe zur Errichtung und eine Optimierung der genutzten Gebäudetechnik eine Rolle. Um diese Ziele zu erreichen, können sich Bauherren verschiedener Strategien bedienen.
Zunächst ist erst einmal eine Energie- und CO2-Bilanzierung vonnöten. Nur wenn die wichtigsten Daten zu Energieerzeugung und -nutzung sowie die dadurch erzeugten Emissionen bekannt sind, kann ein klimaneutrales Gebäude geplant und errichtet bzw. ein bestehendes Gebäude dahin saniert und modernisiert werden. Die Energiebilanz ergibt sich aus der benötigten Gebäudeenergie (Heizen, Kühlen, Beleuchtung, Wasserbereitung, usw.) sowie dem Energiebedarf aller sonstigen Verbraucher (Anlagen, Geräte, IT, etc.). Im nächsten Schritt werden die genutzten Energiearten für Strom und Wärme und ihre CO2-Intensität identifiziert. Aus Verbrauch und Emissionsintensität lässt sich schließlich eine CO2-Bilanz ermitteln, die Aufschluss darüber gibt, wie viele Emissionen jährlich anfallen und welche Maßnahmen in welchem Umfang ergriffen werden müssen, um das Gebäude klimaneutral zu gestalten.
Um den Energiebedarf – gerade in Bezug auf Wärmeenergie – zu minimieren, lassen sich unterschiedliche Optimierungen umsetzen. Vor allem der Dämmstandard (z. B. von Wänden, Türen, Fenstern, Dach und anderen Gebäudeteilen) spielt eine zentrale Rolle, denn wenn weniger Wärme nach außen entweichen kann, sinkt der Heizbedarf. Auch intelligente Lüftungssysteme können beim „Halten“ von Wärme helfen. Der Stromverbrauch lässt sich über energieeffiziente Haushalts- und Bürotechnik sowie über eine energiesparende Beleuchtung senken.
Besonderes Augenmerk bei der Errichtung von klimaneutralen Gebäuden oder bei der Modernisierung von Altbauten mit dem Ziel der Klimaneutralität müssen Planer und Ingenieure auf die Erzeugung der benötigten Energie legen. Auf Bundesebene entwickelt sich die Stromversorgung immer weiter in Richtung erneuerbare Energien, also Photovoltaikanlagen, Wind- und Wasser- sowie Biomassekraftwerke, die überwiegend dezentral errichtet werden und Verbraucher mit emissionsarm oder emissionsfrei erzeugtem Strom versorgen. Auch hier können Privatpersonen und Unternehmen jedoch einen eigenen Beitrag leisten und etwa selbst Photovoltaikmodule und Windenergieanlagen (z. B. Kleinwindkraftwerke) zur Eigenversorgung installieren. Vorrangig im Bereich der Gebäudetechnik ist jedoch die Nutzung umweltfreundlicher Heizsysteme zu nennen, also Solarthermieanlagen, Holzheizungen oder Wärmepumpen. Bei der Errichtung von Neubauten ist bereits seit geraumer Zeit die Nutzung eines gewissen Prozentsatzes erneuerbarer Energien bei der Energieversorgung des Gebäudes gesetzlich vorgeschrieben.
Auch andere Optimierungen bei Errichtung und Betrieb von Strukturen leisten einen Beitrag, die erzeugten Emissionen zu verringern. Unter anderem betrifft dies die Nutzung umweltfreundlicher Baustoffe, also die vorwiegende Konstruktion in Holzbauweise sowie die Verwendung von Pflanzenfasern anstelle synthetischer Materialien für Dämmung und Ähnliches. Die Digitalisierung im Gebäudebereich kann ebenfalls dazu beitragen, Energie einzusparen oder effizienter zu nutzen. Hierzu zählen etwa digitale Unterstützungs-Tools bei der Planung und dem Bau von Gebäuden sowie intelligente Systeme zur Anlagensteuerung, zum Beispiel Licht, Lüftung, Heizung usw.
Die Heizanlage als Kernkriterium für klimaneutrale Gebäude
Zwar tragen alle Optimierungsmaßnahmen in und an Gebäuden zu einem klimaneutraleren Zustand bei, die meisten Emissionen werden aber für gewöhnlich von konventionellen Heizanlagen produziert, also bei der Verbrennung von Erdöl und Erdgas zu Heizzwecken. Folglich ist die Modernisierung des Heizsystems die effektivste Möglichkeit, um die Umweltbilanz zu verbessern. Wie schon erwähnt bieten sich hierfür unterschiedliche Technologien an:
Holzheizungen stoßen zwar bei der Verbrennung ebenfalls CO2 aus, jedoch nur so viel, wie beim Wachstum der Pflanzen, die verfeuert werden, vorher aus der Atmosphäre gebunden wurde. Die Technik ist also klimaneutral – spart allerdings keine Emissionen ein. Zudem haben Holzheizungen aufgrund des notwendigen Brennstofflagers sowie der bei der Automatisierung benötigten Fördertechnik einen hohen Platzbedarf. Des Weiteren bedingen sie eine starke Feinstaubbelastung, sogar noch stärker als die von Öl- und Gasheizungen. Solarthermieanlagen lassen sich ähnlich wie Photovoltaikanlagen einfach auf dem Dach installieren und haben somit keine nennenswerten Platzbedürfnisse. Das System ist aufgrund des geringeren Wirkungsgrades jedoch nur in seltenen Fällen in unserer Klimazone als eigenständige Anlage (wirtschaftlich) nutzbar. In der Regel kommen Solarthermieanlagen meist als Unterstützung eines Hauptheizsystems zum Einsatz und werden im Sommer zur nahezu heizkostenfreien Erwärmung des Brauch- und Trinkwassers genutzt. Als zuverlässigste Technologie hat sich bislang die Wärmepumpe bewährt. Mit ihrer hohen Effizienz bei überschaubarem Platzbedarf sind die Geräte in den meisten Fällen am besten geeignet, um den Heizbedarf von Gebäuden umweltfreundlich zu decken. Doch auch hier ist die optimale Dimensionierung der Anlage ein Muss. Zudem unterliegen Luft-Wasser-Wärmepumpen je nach Jahreszeit und Außentemperatur nicht unerheblichen Leistungsschwankungen, die bei der Planung des Systems bedacht werden müssen. Erd- und Grundwasserwärmepumpen nutzen hingegen ganzjährig etwa gleichwarme Wärmequellen, erfordern aber eine Tiefenbohrung für die Verlegung der Sonden, die genehmigungspflichtig ist – und zudem nicht überall von den Behörden erlaubt wird, gerade in Umwelt- und Wasserschutzgebieten. Erdwärmepumpen können sich auch Flachkollektoren bedienen, diese müssen jedoch großflächig auf dem Grundstück installiert werden, um wirklich effektiv zu arbeiten. Zudem kann diese Fläche dann nicht mehr schwer bebaut oder mit tiefwurzelnden Pflanzen bepflanzt werden.
Wärmepumpen können jedoch noch eine weitere, stark unterschätzte Wärmequelle nutzen. Jeden Tag geht über das Abwasser viel thermische Energie verloren, die wieder zurückgewonnen werden könnte, wodurch sich die energieaufwendige Neuerzeugung von Heizwärme (und damit auch die Erzeugung von Emissionen) verringern lässt. An allen strategisch sinnvollen Orten ausgebaut, könnte die Abwasserwärmerückgewinnung sogar etwa 14 Prozent des gesamtdeutschen Wärmebedarfs decken. Das zeigen Studien. Die Systeme arbeiten dabei effizient, da sie eine stabile Wärmequelle nutzen, denn Abwasser ist zwischen 10°C (im Winter) und ca. 20° C (im Sommer) warm. Bei der Kombination aus Wärmetauscher im Kanal und Wärmepumpe erfolgt die Wärmerückgewinnung zudem nah am Verbraucher, denn wo viel Abwasser entsteht, gibt es auch einen großen Wärmebedarf. So lassen sich Transportverluste minimieren. Zudem sind Abwasserwärmetauscher deutlich leichter zu installieren als Erd- und Grundwasserwärmepumpen, für die eine tiefe Sondenbohrung vonnöten ist.
Ein System für zwei verschiedene Funktionen: heizen & kühlen möglich
Ein weiterer Vorteil von Wärmepumpen im Allgemeinen und Abwasserwärmepumpen im Besonderen ist, dass Sie mit dem System nicht nur im Winter heizen sondern auch im Sommer kühlen können, sofern sie über die entsprechende Funktion und ein Vier-Wege-Ventil verfügen. Hierfür wird der in den Geräten ablaufende Kältemittelkreislauf einfach umgekehrt. Statt der Wärmequelle die thermische Energie zu entziehen und sie in die Räume zu leiten, wird so die Wärme vom Raum zum Abwasserkanal abtransportiert. Wärmepumpen arbeiten hierbei auch deutlich stromsparender als Klimaanlagen, vor allem bei einer passiven Kühlung, da in diesem Fall weniger Technik im System aktiv ist (meist nur Regelung und Umwälzpumpe).
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